Was bedeutet es, wenn der Schuldner behauptet, er hätte keine Rechnung bekommen?

Meistens werden wir oder Sie als unsere Kunden mit diesem Thema konfrontiert, wenn der Schuldner nach Erhalt unserer Mahnung(en) den Rechnungsbetrag direkt an Sie bezahlt und sich weigert, die Inkassokosten zu bezahlen mit der Behauptung, dass er die Rechnung nicht erhalten hätte.
 
Wie wir bereits in einem anderen FAQ (Wer zahlt die Inkassokosten wenn der Schuldner nach Übergabe an das Inkassobüro den Rechnungsbetrag direkt an den Gläubiger, an den Unternehmer, überweist?), gesehen haben, muss Ihr (ehemaliger) Kunde die Inkassokosten bezahlen, wenn er bei Ihnen zuerst im Zahlungsverzug war und nach Aufforderung durch uns dann plötzlich zahlt. Es ist bloß fair, dass er diese Kosten tragen muss und nicht Sie als Unternehmer, der/die seine/ihre Leistung ja vereinbarungsgemäß erbracht hat. Der Gesetzgeber will es im Übrigen ganz eindeutig so, wenn im § 1333 Abs 2 ABGB steht: „Der Gläubiger kann außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen“. Rechtlich ist nun der Einwand dieses Schuldners schlauer als gedacht. Der Schuldner argumentiert nämlich – ohne es zu wissen natürlich – mit der Behauptung, keine Rechnung bekommen zu haben, dass das Einschreiten des Inkassobüros die zweite Voraussetzung des Absatz 2 des § 1333 ABGB nicht erfülle, nämlich, wenn er eine Rechnung erhalten hätte, so wäre das Einschreiten des Inkassobüros nicht notwendig gewesen, denn hätte er ja gleich bezahlt.
 
Wir können Ihnen garantieren, dass die Argumentation dahinter vielleicht für den Jus-Studenten im 1. Semester interessant sein könnte, aber in der Praxis zu 100 %, nämlich wirklich zu 100 %, ausnahmslos, ins Leere geht.
Wie Sie aus unseren anderen FAQs herauslesen können, versuchen Schuldner immer wieder, mit den möglichsten und unmöglichsten Argumenten ihrer Zahlungspflicht zu entgehen. Wie Sie aber unserer homepage auch entnehmen können, sind wir bereits seit über 50 Jahren im Geschäft und haben alles Mögliche und Unmögliche gehört, warum wer nicht zahlen will. Zudem wissen unsere ständigen Kunden, dass wir sehr, sehr eng mit unserem Anwalt (im gleichen Haus) zusammenarbeiten, und uns der zusätzlich mit allem notwendigen juristischen Rüstzeug ausstattet. Jedenfalls geht die – vermutlich tausende Mal gehörte – Behauptung, der/die Schuldner/in hätte die Rechnung nicht erhalten, immer fehl. Wenn Sie den Beweis erbringen können, dass die Rechnung versendet wurde, folgt daraus als Indiz, dass der Schuldner die Rechnung auch erhalten hat. Wenn er nunmehr behauptet, dass er die Rechnung nicht erhalten hätte, ist er dafür beweispflichtig, ein Beweis, der ihm nicht gelingen wird, und die bloße Behauptung wird ihm kein Gericht glauben (denn warum sollten Sie als Unternehmer eine Rechnung produzieren und nicht absenden). Natürlich wäre es am besten, Sie/wir könnten den Rechnungsversand „mit Einschreiber“ nachweisen, aber das geht natürlich nicht, denn können Sie nicht jede Ihrer Rechnungen eingeschrieben versenden. Dies ist aber wie ausgeführt auch nicht notwendig. Wenn Sie selbst oder Ihr/e Buchhalter/in bestätigen, die Rechnung versendet zu haben, haben wir schon gewonnen und die Behauptung des Schuldners geht ins Leere. Noch viel mehr gilt dies natürlich, wenn Sie die Rechnung zusätzlich per E-Mail versendet haben oder wenn Sie „nachtelefoniert“ haben oder ähnliches, dann gibt es überhaupt nichts zu diskutieren.
 
Manchmal ist es so, dass der Kunde bei Auftragserteilung an Sie z.B. die „Annastraße in Annaberg“ als Adresse angibt. Während Sie dann den Kundenwunsch erfüllen, verzieht der Schuldner in die Bertastraße in Beheimkirchen. Natürlich sagt er Ihnen nicht, dass er verzogen ist und Sie schicken die Rechnung noch an die Adresse in Annaberg. Sie glauben gar nicht, wie oft wir dann die Ausrede hören: „Na da wohne ich ja schon lange nicht mehr“. Es versteht sich wohl von selbst, dass das keine geeignete Erklärung für den Zahlungsverzug darstellt, denn ist es so, dass derjenige Vertragspartner, dessen Daten sich ändern, dafür Sorge zu tragen hat, dass seinem Vertragspartner die neuen Daten bekannt werden (denn woher sollen Sie wissen, dass Ihr Kunde verzieht?). Diese Ausrede geht vollkommen ins Leere.
 
Die Antwort auf die Frage lautet also zusammengefasst, dass die Behauptung des Schuldners, wonach er keine Rechnung erhalten hätte, unserer Erfahrung nach immer entweder eine billige Ausrede ist oder dass er die Rechnung selber verlegt hat oder dass er woanders hingezogen ist als er noch bei Ihnen angegeben hat. Auswirkungen auf seine Zahlungspflicht hat diese Behauptung jedenfalls nicht.